Donnerstag, 8. September 2011

"Ich werde ohnehin nur Strassenkehrer" - Ausstellung im Salzamt Linz

Klara Kohler
Ich werde ohnehin nur Straßenkehrer“

Fotographie, Video, Interviews, Bucharbeiten
2009-2011

Ein mehrteiliges Projekt, das seinen Anfang 2002/03 in der Gustave-Eiffel-Schule in Berlin nahm und zur Langzeitstudie wurde, die die lebensgeschichtliche Entwicklung von Jugendlichen nachzeichnet.
Es entstand eine medienübergreifende Arbeit, die dokumentarischen Charakter aufweist, jedoch in seiner primären Ausrichtung der künstlerischen Vermittlung von Lebensgefühl verpflichtet bleibt.



Dieses Projekt bedeutet für mich, zu verstehen, in welchen Welten unterschiedlichste Menschen leben. Eine Welt, die mir fremd war – die ich aber in einem kleinen Bereich erfahren kann. –
Es ist wichtig, nicht zu urteilen ohne Gründe - ohne den Versuch gemacht zu haben, den anderen in seinem Werdegang zu verstehen.


Fotographien:

11 SW-Fotographien a' 2 m x 90 cm

Ich entschied mich, Fotographien von 2003 in das Projekt einfließen zu lassen. Die Bilder von damals zeigen die Jugendlichen, nachdem das Video „Augenblick ist Ewigkeit?“ entstanden ist.
Der Hintergrund wirkt ruhig. Nichts lenkt von der Person ab. Durch die Unschärfe wird die Fotographie dem Moment gerecht. Es ist ein Hauch, der zurückbleibt. Alles andere ist vergessen.


Interview mit den Jugendlichen:

Jeden/Jede, den/die ich finden konnte und mit mir sprechen wollte, bekam von mir die gleichen acht Fragen gestellt. Unterschiedlichst wurden diese beantwortet. Unterschiedlichste Lebensformen haben sich aus einer damals gemeinsamen Schulklasse herauskristalisiert.



Bucharbeiten:

15 Bücher: 21 cm x 21 cm, 1 Buch: 14 cm x 21 cm

Es wurden aus den Interviews die Essenzen der unterschiedlichsten Lebensentwicklungen gefunden und dargestellt.
Ich habe Ausschnitte meiner Tagebuchtexte einbezogenen, die auf dem Weg zu den Jugendlichen, oder auch direkt danach entstanden sind.
Sie zeigen mich in einem Moment, wo ich nicht weiß, worauf ich mich einlasse.
Wie wird die Reaktion auf meine Person sein. Kann sich noch jemand an mich erinnern?
Sind sie offen, Momente ihres Lebens zu erzählen? Sich fotographieren zu lassen?
Die Momente der Begegnung.
Schließlich die Gegenüberstellung der fotographischen Portraits.
Es zeigt ein Hintasten zu den Personen. Von Außen kommend, auf der Suche nach den Jugendlichen; Häuserdarstellungen – die Umgebung ihres Lebensumkreises, bis zur Klingel an der Haustür und letzendlich die Person, der Innenraum.



Architekturfotographie:

je 50 cm x 70cm, aufkaschiert

Die fotographische Dokumentation der Wege erfasst die architektonischen Gegebenheiten der verschiedenen Stadtteile in der Peripherie Berlins, wobei ich mich auf der Suche nach Ansichten befinde, die unterschiedlichste Lebenssituationen widerspiegeln. Aus einer langen Reihe von Fotos habe ich 3 Beispiele ausgewählt, die das Grundmuster einer Lebensform aufzeigen.


Videodokumentation:

Mein Konzept für die Videoarbeit ist der Versuch einer Umkehrung. Bei meiner ersten Begegnung mit den Schülern der Gustave-Eifel-Schule habe ich die Kamera benutzt, um etwas festzuhalten, das im Mittelpunkt meines damaligen Interesses war. Jetzt, Jahre später, sollten die Jugendlichen etwas festhalten, dass mit ihrem Leben, mit ihren Interessen zu tun hat. Nach dem Gespräch händigte ich die Videokamera jeweils 24 Stunden aus.
Einige der Jugendlichen haben etwas gefilmt, andere nicht. Es entstanden Einblicke in alltägliche Situationen, Momentaufnahmen. In den meisten Fällen bedeutete mein Angebot allerdings eine Überforderung.




Wegeliste, Wegezeichnungen:

7 Fotographien 30cm x 40 cm; 41 Fotographien, aufkaschiert, 15 cm x 20 cm

Jeder Tag des Unterwegsseins in Berlin auf der Suche nach den Jugendlichen wurde dokumentiert. Der Stadtplan als Unterlage, ließ am Abend jeden Tages die Zeichnung entstehen.



Videoarbeit: „Augenblick ist Ewigkeit ?“
(Goethe) (Kohler)

mit einer 7.Hauptschulklasse, Gustave-Eiffel-Schule, Kastanienallee 82, Berlin.
18 min; 10.Jänner 2003

Schule“ ist ein dynamischer Prozess. Das einzig Beständige ist der Wandel. Es ist immer ein Kommen und Gehen. Im Klassenfoto wird der fortlaufende Prozess unterbrochen um einen Augenblick der Entwicklung festzuhalten. Die Momenthaftigkeit der Fotographie an sich, zeigt sich im Klassenfoto überdeutlich. Diese Dehnung des Augenblicks in die Zukunft steht im Mittelpunkt meiner Videoarbeit mit der ich die Erfahrung der Zeit veranschaulichen möchte.
Über eine Viertelstunde standen die Schüler still,bis die Gruppe wieder in Bewegung geriet und das alltägliche Leben in der Schule seinen Fortgang nahm.
Im weiteren entstanden akustische Aufnahmen von Gruppengesprächen mit den Schülern, die die Themen Augenblick, Erinnerung und Vergessen zum Inhalt hatten.

Der festgehaltene Augenblick ist in dieser Form nicht mehr wiederholbar.


Collage zum Klassenbild:

Ich hätte gerne alle Jugendlichen nach den Interviews 2010 nocheinmal zusammengeführt, um ein Gruppenvideo zu machen, das den Jetztstand zeigt. Doch vergebens. Niemand hat sich an den Termin gehalten. Es war möglich, diese in ihren Orten anzutreffen, doch es war unmöglich sie aus „ihrem Zentrum“ zu locken. Es war unmöglich, ihr Interesse an den anderen damaligen Schulkollegen zu wecken. Jeder bleibt für sich.
Es entstand eine Collage mit den Fotos von den Jugendlichen, die ich bei meinen Besuchen aufgenommen habe. Die Personen wurden auf der Bildfläche dort platziert, wo sie im Video 2003 zu sehen sind.




















 

 

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