Mittwoch, 10. Februar 2016

"Noli me tangere II"

"Noli me tangere II"
Klara Kohler und Franz Frauenlob
Installation in der Krypta der Ursulinenkirche Linz
Aschermittwoch, 10. Februar - Karfreitag, 25.März 2016

Kuratorin: Martina Gelsinger
www.fss-linz.at

Öffnungszeiten der Krypta:
Sa: 14.00-16.00, So: 17.00-19.30 Uhr
Zusätzliche Öffnungszeiten nach telefonischer Vereinbarung (Tel. 0732/244011-54)





Das Forum st.Severin lädt zu folgenden Veranstaltungen in der Ursulinenkirche ein:

Aschermittwoch mit Kunst: Memento Mori
10.Feb.2016, 20 Uhr
Predigt: Peter Paul Kaspar, Musik: Michael Oman
Die Krypta ist anschließend bis 22.30 Uhr geöffnet.
Die Künstler sind anwesend

Kunst-Gespräch mit Klara Kohler und Franz Frauenlob
Freitag, 4.März 2016, 18.Uhr

Concert spirituel
Karfreitag, 25.März 2016, 15.00 Uhr
Passion zur Todesstunde Christi von Johann Friedrich Fasch (1688-1758)









Das Projekt 'Noli me tangere' ist ein mehrteiliger Versuch, durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Kunstformen eine Aussage zu grundlegenden philosophischen Fragen des menschlichen Lebens zu entwickeln. Die nunmehr zweite Arbeit in diesem Zusammenhang vertieft das Thema der Erinnerung und nimmt insofern im besonderen Bezug zu der Räumlichkeit ihres Erscheinens.
Klara Kohler realisiert in Zusammenarbeit mit Franz Frauenlob eine weitere Arbeit in traditioneller Aufpaustechnik unter Anwendung von Asche. Die Installation des vor Ort entstandenen Tafelbildes wird durch die Präsentation der Originalzeichnung im Raum erweitert.
Im Aufbahrungsraum der Krypta zeigen die beiden Künstler den ersten Teil eines Videos, dass im Rahmen dieses Projektes gedreht wurde.

'Noli me tangere II - memento mori'
Klara Kohler – Franz Frauenlob 2016




Aufstauben des Bildes, Klara Kohler und Franz Frauenlob


Memento mori
Der Aschermittwoch, jener Tag, der im Christentum die Menschen an ihre Vergänglichkeit erinnern und zu Besinnung und Umkehr aufrufen soll, markiert jedes Jahr den Beginn der Ausstellungsreihe „Memento Mori“ in der Krypta der Ursulinenkirche.
Die Krypta ist Bestattungsort der Ursulinen, die rund 300 Jahre – bis 1968 – im Linzer Ursulinenkloster und in der Kirche ansässig waren. Die unterirdische Grabstätte wird in der Fastenzeit geöffnet und zum Ort der Auseinandersetzung mit Zeit und Vergänglichkeit. Seit mehr als 20 Jahren sind KünstlerInnen hier mit ihren Arbeiten zu Gast. Zuletzt waren dies Judith Huemer (2010), Karin Peyker und Arnold Reinthaler (2011), Elisabeth Kramer (2012), Renate Herter (2013), Roman Pfeffer (2014) und Hannelore Demel-Lerchster (2015).
2016 ist unter dem Titel “noli me tangere II” eine Installation von Klara Kohler und Franz Frauenlob zu sehen.
Die Installation - bestehend aus Zeichnung, Skulptur, Video und Klang – ist in der Reihe des mehrteiligen Projektes “noli me tangere” entstanden. “Noli me tangere” ist, so die Künstler, ein mehrteiliger Versuch durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Kunstformen eine Aussage zu grundlegenden philosophischen Fragen des menschlichen Lebens zu entwickeln. Noli me tangere ist erstmals im Jahr 2015 für die Stadtgalerie in Salzburg entstanden. Die nunmehr zweite Arbeit in diesem Zusammenhang vertieft das Thema der Erinnerung und stellt als ortsspezifische Arbeit Bezüge zu der Räumlichkeit, der Begräbnisstätte der Ordensfrauen in der ehemaligen Ursulinenkirche, her.

Bedenke Mensch, du bist aus Staub und wirst zu Staub
Im Hauptraum der Krypta realisiert Klara Kohler in Zusammenarbeit mit Franz Frauenlob eine Arbeit in der für ihre künstlerische Arbeit charakteristischen “Aufpaustechnik”. Die perforierte zeichnerische Vorlage überträgt sie dabei mit Asche in eine abstrakte grafische Gestalt. Die Technik ist eine Reminiszenz der Künstlerin an die Geschichte der Kunstproduktion - die Vorzeichnungen bei Fresken, Seccolmalerei und Sgraffito - und ihre temporäre Sichtbarkeit.
Die Installation im zentralen Raum der Krypta besteht aus einem kreisförmigen Tafelbild
an der zentralen Wand der Krypta und der aus ursprünglichen Zeichnungsbahnen bestehenden Papierskulptur in der Längsachse davor. Die Vergänglichkeit des Kunstwerkes, die für das Leitthema des Aschermittwochs symbolische “Asche” und das Sichtbarmachen der Schablonen als eigene körperhafte Gebilde - im Sinne des Zeigens des Gestaltungsprozesses als zeitlicher Ablauf - nehmen dabei eine zentrale Rolle ein.
Die Zeichnung ist eine eigens für die Krypta vor Ort entstandene abstrakte Komposition der über mehrere Jahre dauernden Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Gestalt von Engeln als raumgreifende Wesen.
Die Form des Tafelbildes als eine runde Scheibe schafft - zusammen mit dem weiß grundierten Holz als Trägermaterial und der grauen Aschezeichnung - Konzentration und Sammlung im Raum und ist zugleich Symbol der Unendlichkeit.
Die zeitlich begrenzte Haltbarkeit der Zeichnung und die nach dem Anbringen der Asche nutzlos gewordenen perforierten Vorzeichnungsbahnen als Hülle eröffnen zusammen mit der Asche als Symbol für die Erinnerung in der Aschermittwochsliturgie – Bedenke Mensch, du bist aus Staub und wirst zu Staub - unmittelbar Referenzen zum umgebenden Raum, seiner Funktion als Begräbnisstätte und dem Beginn der Fastenzeit.





Frauenportraits als Bildmeditation über Vergangenes und Gegenwärtiges
Im kleineren Raum, dem ehemaligen Aufbahrungsraum der verstorbenen Ordensfrauen, zeigen Klara Kohler und Franz Frauenlob den ersten Teil eines Videos, das im Rahmen des Projektes “noli me tangere” gedreht und für die Krypta ortsspezifisch erweitert und verändert wurde.
Das Video mit einer Länge von 22 min wird von einer Soundinstallation begleitet. Der Klang verdichtet als akustischer Spannungsbogen die suggestive Wirkung der Bilder.
Die historischen Fotografien zeigen Portraits von Frauen, deren Leben durch den gewaltsamen Verlust von Angehörigen, durch Flucht und Vertreibung geprägt war. Durch die Einbeziehung von jungen Frauen aus dem Umfeld der Künstler tauchen die Betrachtenden in unterschiedliche Zeit- und Bedeutungsebenen ein.
Die Portraits der Frauen im Video nehmen zumeist unmittelbar Blickkontakt mit den Betrachtenden auf und erscheinen in unterschiedlichen Lebensphasen: Von prächtig geschmückten Mädchen in weißen Kleidern deren Gesicht am Tag ihrer Erstkommunion aus einem historischen Gruppenfoto gezoomt wird, bis zum weiß bemalten Gesicht eines gepiercten jungen Mädchens bis hin zum mit Namen gekennzeichneten Schädel im Beinhaus.










Die Gesichter, derer die gelebt haben
Die ursprüngliche Intention des Videos, Frauenportraits vor dem Hintergrund von Flucht und Vertreibung basierend auf der Familiengeschichte der Künstlerin sichtbar zu machen, verwandelt sich im Zusammenhang mit dem Präsentationsort - der Krypta - zur Frage nach dem Werden und Vergehen und der Flüchtigkeit der menschlichen Existenz. An dem Ort, der über mehrere Jahrhunderte Ordensfrauen mit unterschiedlichen Biografien und Charakteren als letzte Ruhestätte ihrer irdischen Hülle dient, wird das Video zu einer Bildmeditation über Werden und Vergehen, Vergangenem und Gegenwärtigen vor dem Hintergrund der Frage “Was ist der Mensch?”
Die Portraits
verschmelzen ineinander und werden zu Metaphern des Leitthemas „Memento mori“.
Die Zeit der Präsenz und des Verlöschens der Frauenportraits ist so bemessen, dass die suggestive Kraft des Abbildes spürbar wird und eine Innenansicht ermöglicht, gleichsam als Vertiefungsbild, das die emotionale Betroffenheit beim Betrachten alter Fotos überträgt: Es sind die Gesichter derer die gelebt haben.
Den Schluss des Videos bildet ein Textfragment aus der Filmnovelle 'Der Spiegel' von Andrej Tarkovskij.
Der Text mit dem einleitenden Satz “Mit erstaunlicher Regelmäßigkeit habe ich immer denselben Traum. ...” reflektiert den Rückblick auf die eigene Kindheit des Autors und verdichtet die Bilder auf sprachlicher Ebene.

(Text: Dr.in Martina Gelsinger, Kunstreferat der Dioezöse Linz)











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